Ich mag Mailand: Dass ich einmal diesen Satz schreiben würde, war vor einigen Jahren noch nicht absehbar. Da hätte ich sogar genau das Gegenteil behauptet, wenn man mich nach meiner Meinung zu Mailand gefragt hätte. Doch seitdem ich regelmäßig mehrere Wochen im Jahr in Stresa am Lago Maggiore verbringe, fahre ich auch oft in die Hauptstadt der Lombardei und habe sie längst zu schätzen gelernt. Doch es gibt einige Dinge, die mich in Mailand nerven.
Ich gebe zu: Es gab schon einmal Zeiten, da war ich viel geduldiger. Dennoch würde ich mich nicht als Menschen bezeichnen, der extrem schnell genervt ist. Und gerade auf Reisen drücke ich viel öfter ein oder zwei Augen zu, wenn ich Dinge feststelle, die mir nicht so gefallen. Als ich kürzlich wieder für einen Tagesausflug in Mailand war, musste ich eine richtige Nervenprobe bestehen. Wohin ich auch schaute, es fielen mir immer wieder Dinge auf, die mich wirklich genervt haben.
Dinge, die in Mailand nerven: Handy-Omnipräsenz
Wenn du denkst, dass in Deutschland jeder dauernd am Handy ist, dann fahre mal nach Mailand. Ich dachte nicht, dass es schlimmer geht, aber es geht doch, wie ich bei meinem jüngsten Mailand-Ausflug feststellen musste. In der Straßenbahn, an der Fußgängerampel, im Auto, beim Essen im Restaurant, beim Überqueren der Straße, beim Spaziergang mit dem Hund und sogar IM Geschäft BEIM Shoppen – die Menschen starrten die ganze Zeit auf ihre bescheuerten Smartphones und hatten überhaupt kein Auge für die wunderbare Umgebung, in der sie sich befanden.
Am schlimmsten fand ich es tatsächlich in der Straßenbahn, wo ich der einzige Mensch zu sein schien, der aufmerksam aus dem Fenster schaute. Das hatte zwar auch einen speziellen Grund, aber dazu später mehr. Ich stelle jetzt mal die These auf, dass in der Bahn zehn wunderschöne Stripperinnen hätten rumtanzen können, und keiner hätte es mitbekommen, weil einfach alle die ganze Zeit nur auf ihr Handy gestarrt haben. Niemand schien mehr wahrzunehmen, was um ihn herum passiert. Ich finde diese Entwicklung schade und erschreckend zugleich.
Dinge, die in Mailand nerven: Instagrammer
Apropos erschreckende Entwicklung: Instagram und Instagrammer(innen) gingen mir ja schon immer gehörig auf den Zeiger, aber in Mailand bei meinem jüngsten Ausflug besonders. Selbst in London oder Florenz habe ich diese selbstverliebten Poser nicht so extrem wahrgenommen, wie in der Mode-Hauptstadt. Und wenn du jetzt denkst, dass dies nur an den Touri-Hotspots, wie dem Domplatz der Fall war, liegst du falsch. Diese Hipster waren einfach überall. In Mailand scheint ein ganzes Nest von Möchtegern-Influencern zu sein.
In der Nähe des Corso Como war bei meinem jüngsten Mailand-Ausflug zum Beispiel eine riesige Baustelle. Absperrungen waren unifarbene Wände. Da posierten tatsächlich zahlreiche Mädels mit farbigen Kleidern in unnatürlichen Posen und hielten fleißig ihr ausdrucksloses Duckface in die Handylinse. Und das alles taten sie vor einer einfarbigen Wand, die auch in Oer-Erkenschwick hätte stehen können. Gibt es tatsächlich Leute, die sowas bei Instagram sehen wollen?
Übrigens: Bei Regenwetter triffst du kaum auf Instragrammer. Gerne verrate ich dir, was du bei schlechtem Wetter in Mailand unternehmen kannst.
Dinge, die in Mailand nerven: Alles rund im den Dom
Instagrammer sind nur eine Sache, die mir in Mailand auf den Geist gehen. Es sind grundsätzlich diese Touristenmassen, die dem Ort den Großteil seines Charmes nehmen. Seit 2015 fahre ich nun regelmäßig nach Mailand und das zu den unterschiedlichsten Jahreszeiten. Und jedes Mal habe ich das Gefühl, die Touristenmassen hätten sich vervielfacht. Besonders ist mir dieses Phänomen auf dem Domplatz aufgefallen.
Auch deshalb habe ich wohl meine Probleme damit gehabt, Mailand in mein Herz zu schließen. Erst seitdem ich bei meinen Ausflügen in die Stadt abseits der größten Touri-Hotspots wandle, beginnt die Stadt mir immer mehr zu gefallen.
Übrigens: In diesem Blogpost verrate ich dir die beste Reisezeit für einen Mailand-Trip.
Dinge, die in Mailand nerven: Tauben auf dem Domplatz
Apropos Dom: Eine Sache muss ich einfach nochmal hervorheben: Ich hasse Trauben. Und noch mehr hasse ich Menschen, die diese Viecher mit Futter auch noch anlocken, um dann Fotos von sich und ihnen zu machen. Auf dem Domplatz in Mailand waren schonmal weniger Tauben. Doch als ich zuletzt da war, war es kaum möglich über den Platz zu laufen oder gar mal ne Minute zu verweilen, ohne das irgendjemand mit Futter in der Hand an dir vorbeisprang und eine ganze Traube dieser Tiere im Schlepptau hatte. Nein, danke!
Dinge, die in Mailand nerven: Taschendiebe
Neben Tauben und Instagrammern gibt es noch eine dritte Sache, auf die du auf dem Domplatz besonders aufpassen musst: Taschendiebe. Aber die gibt es ja in jeder größeren Stadt, wo viele Touristen zusammenkommen. Dennoch wollte ich es erwähnt haben, denn gerade der Domplatz ist manchmal so voll und unübersichtlich, dass du leicht angerempelt und dir Wertsachen entwendet werden könnten. Hier ist Vorsicht geboten.
Dinge, die in Mailand nerven: Betrugsmaschen
Wirklich nervig sind auch die Betrugsbanden, die durch die Stadt laufen und versuchen, Spenden von Passanten zu erpressen. Und das geht so: Männerbanden umkreisen eine oder höchsten zwei Personen und bieten ihnen kleine Armbänder als vermeintliches Geschenk an.
Wenn du es annimmst, werden die Männer plötzlich eine Spende von dir verlangen, die den Wert des Armbands um ein Vielfaches übersteigt. Wenn du weiterläufst, ist die Gefahr noch nicht vorüber. Ich habe schon oft beobachtet, wie die Männer die Armbänder auf die Passanten werfen und hoffen, dass sie an Kleidung oder Rucksäcken hängenbleiben. Dann behaupten sie, dass das Geschenk doch angenommen wurde und versuchen Geld von den Passanten zu bekommen. Die besagten Banden sind besonders an Orten unterwegs, die häufig von Touristen frequentiert werden, wie zum Beispiel das im Foto abgebildete Castello Sforzesco und natürlich in allen Straßen rund um den Dom.
Leider habe ich diese Masche nun auch schon an Markttagen am Lago Maggiore beobachten müssen. In Mailand geht die Polizei strikt gegen die Betrüger vor, am Lago Maggiore können sie meist in Ruhe „ihrer Arbeit“ nachgehen …
Dinge, die in Mailand nerven: Oberflächlichkeit
Bei meinen zahlreichen Besuchen in Mailand ist mir leider auch aufgefallen, dass es dort überproportional viele oberflächliche Menschen gibt. Ich weiß nicht, wie oft ich schon von oben bis unten von irgendwelchen durchgestylten Püppchen gemustert wurde, weil ihnen anscheinend irgendwas an mir nicht gepasst hat. Ich wurde auch mal gebeten, einen Laden zu verlassen, in dem hochpreisige Kleidung verkauft wurde, weil das „ja wohl eher nicht meinem Stil entspräche“.
Wenn man nach Mailand fährt, dann muss man sich bewusst sein, dass da nunmal ziemlich viele Modeopfer rumlaufen, die nach dem Prinzip „Sehen und gesehen werden“ handeln. Da passe ich mit meinen Jeans und den Turnschuhen, die ich fast immer trage, nun nicht in ne schicke Bar oder Boutique. Es kann natürlich auch sein, dass ich schon so oft angestarrt wurde, weil alle neidisch auf meine Super-Mario-Schuhe waren, die ich in Italien besonders gerne trage. Ich meine: Dolce und Gabbana, Cavalli oder Versace kann ja jeder. Aber Super-Mario-Schuhe sind was ganz Besonderes.
Dinge, die in Mailand nerven: Undurchsichtiges Tram- und Busnetz
Aufgrund meiner Platzangst fahre ich nur ganz ungerne U-Bahn und bewege mich lieber oberirdisch mit Bus oder Tram fort, wenn ich in Mailand bin. Das Problem: Die Stadt scheint Urlauber lieber in den U-Bahnen haben zu wollen. Eine Übersicht über das Metronetz von Mailand bekommst du in jeder Touribroschüre, auf jeder Website und auch sonst überall. Aber versuche mal, einen Überblick über die Tramlinien oder gar das Busnetz zu erhalten. Die suchst ohne Ende und wirst nur wenige Infos finden, die dann oft widersprüchlich sind (wir sind ja immerhin in Italien) oder nur auf Italienisch vorliegen. Letzteres ist für mich kein Problem mehr, denn so viel Italienisch, dass ich einen Busfahrplan lesen könnte, kann ich mittlerweile, aber das trifft ja nicht auf alle Reisende zu. Da sollte die Stadt Mailand mal dringend nachbessern.
Dinge, die in Mailand nerven: Fehlende Infos in Bus und Tram
Wenn du mal eine Bus- oder Bahnhaltestelle gefunden hast, an der deine benötigte Linie hält, hast du schon großes Glück, aber dann folgt das nächste Problem: Wann muss ich wieder aussteigen? Die Ansagen in den Trams sind oft nicht zu verstehen und in Bussen erfolgt oft gar keine Ansage (das nervt mich auch am Lago Maggiore extrem). Was mache ich also: An den Haltestellen sind in der Regel Aushänge, die alle Haltestellen auflisten. Dann zähle ich ab und muss dann während der Fahrt ganz aufmerksam sein und die Haltestellen mitzählen. Das geht auf kleinen Strecken, aber als ich mit der Tram mal zum Stadion in San Siro fuhr, benötigte die Bahn 45 Minuten und ich war froh, dass ich nur darauf achten musste, ob ich an der Endhaltestelle raus muss.
Dinge, die in Mailand nerven: Die Ähnlichkeit zum Ruhrpott
Immer wenn ich mit dem Zug Mailand vom Lago Maggiore aus ansteuere und mich dem Hauptbahnhof nähere, bekomme ich einen kleinen Herzinfarkt. Ich habe halt die romantische Vorstellung, dass in Italien überall wunderschöne historische Altstädte stehen, man von prachtvollen Bauwerken begrüßt wird und alles sehr gepflegt ist, denn man möchte als Stadt ja eine Bella Figura abgeben. Und dann gucke ich aus dem Fenster und denke jedes Mal: „Das könnte jetzt nun auch Gelsenkirchen sein!“. Wer mal in Gelsenkirchen war, weiß, dass das kein Kompliment ist. Mailand ist nun einmal eine Industriestadt und hat an vielen Stellen nichts mit meiner romantischen Vorstellung einer typischen italienischen Stadt zu tun. Das musste ich erst lernen. Gewöhnen werde ich mich an den Anblick aber wohl nie.
Bei aller Kritik, muss ich sagen, dass es kaum eine Stadt in Italien gibt, die mich häufiger positiv überrascht hat. Und ich bin mir sicher, dass Mailand noch viele weitere positive Überraschungen für mich bereithält.
Jetzt bist du dran: Warst du schon einmal in Mailand? Wie hat es dir gefallen? Ist dir etwas von den Dingen, die mich genervt haben, ebenfalls negativ aufgefallen? Haben dich andere Dinge in Mailand genervt? Oder bist du generell jemand, der gar nicht so schnell genervt ist?
Weitere Ideen für deine Zeit in Mailand sind diese:
- erkunde das Brera-Viertel*
- besichtige das Stadion San Siro*
- unternehme eine kulinarische Tour durch die Stadt*
- entdecke Mailand per Fahrrad*
- mache einen Ausflug ins Outlet*
- fahre ab Mailand zum Comer See*
Weiterlesen: In meinem Text „Mailand für Anfänger“ verrate ich dir, was du noch alles in der Metropole entdecken kannst. Außerdem kenne ich 5 Dinge, die du in Mailand in keinem Fall verpassen solltest und stelle dir gerne das angesagte Navigli Viertel vor.
Verpasse auch nicht meinen Überblick über alle meine Mailand-Texte.
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Hallo Christine!
Du sprichst mir aus dem Herzen. Auf Mailand muss man sich wirklich einlassen, und diese riesige Stadt macht es einem nicht einfach. Ich habe z.B. mind. 4mal versucht, auf das Dach des Doms zu gelangen – aber wegen der irren Menschenmassen 2 Stunden anzustehen? No grazie ..
Bist Du schon mal im Rinascente vis’a’vis gewesen? Ein unglaubliches Gedränge, da möchte man nur schnell wieder raus. Ein café macchiato oben auf der Terrasse kostete mich damals 7 Euro, ich habe dann aus Protest auf das Mittagessen verzichtet.
Mein erster Besuch in Mailand war anlässlich der EICMA, vor 15 Jahren oder mehr. Ein Schock beim Hochfahren aus der Metro. Dreck, Lärm, Chaos, Müll in Massen.
In den letzten Jahren hat sich Mailand extrem geändert. Massive Edelstahl-Müllkübel alle paar Meter z.B. Oder sich Sicherheits-Geschichte in der Metro / Bahn. Digitale Tickets, WLan überall. Der Besuch der Expo war ein wunderbares Erlebnis.
Und wenn man dann in Brera in der Sonne sitzt und den genialsten Tiramisu der Welt löffeln kann, dann ist Mailand einfach immer erste Klasse!
Ciao, a presto!!
Hallo Jürgen,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Oh ja, im Restaurant des Rinascente war ich auch schon. Als ich die Preise gesehen habe, ist mir der Appetit vergangen und ich habe nur einen kurzen Blick auf den Dom geworfen. Es war so voll, dass es auch gar nicht auffiel, dass ich direkt wieder ging. Glaube ich zumindest.
Bei deinen Erzählungen bin ich ja schon fast froh, dass ich Mailand erst 2015 das erste Mal besuchte.
Aber – wie gesagt – mir gefällt es immer besser – insbesondere auch Brera. 😉
Tanti saluti
Christine
Hallo Cristine,
vielleicht lockt die Modestadt Mailand gerade die vielen Moddepüppies an. Da kommt dann gleich vieles zusammen, was nervt. Ich habe heute im Fernsehen ein Konzert von 1987 gesehen, Prince live. Ach was war das schön! Keiner hatte ein Handy in der Hand. Unvorstellbar. Alle haben zur Bühne geschaut und sich auf das Konzert konzentriert. Ich war damals auch da. Ich komme mir ja manchmal vorsinntflutlich vor. Aber es gab tatsächlich ein Leben vor dem Handy. Das Ding mag ja ab und zu nützlich sein, aber der ganze Hype der darum gemacht wird, geht mir auf die Nerven.
Und Tauben füttern in der Stadt muss auch nicht sein.
Liebe Grüße
Renate
Hallo Renate,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Gerade bei Konzerten merkt man immer besonders, wie schwachsinnig die Menschen geworden sind. Was ist das für ein Konzerterlebnis, wenn man die ganze Zeit nur sein Handy zum Filmen hochhält? Manche Dinge waren halt einfach viel schöner ohne Smartphones und viele Menschen verlernen durch die ständige Benutzung Dinge in ihrer Umwelt bewusst wahrzunehmen und zu genießen. Schade eigentlich.
Ich hoffe, du bist gut ins neue Jahr gekommen und wünsche dir wundervolle 12 Monate.
Liebe Grüße
Christine
Zum Handyfilmen bei Konzerten:
Bob Dylan, Anfang des Jahres in Krefeld.
Handys wurden am Eingang in einen Neoprentasche verschlossen und beim Hinausgehen oder Pausen (wenn man dorthin ging) aufgeschlossen.
Was für eine Ruhe!
Was für eine Konzentration!
Es ist ja auch so, dass wenn man sieht, dass der Vordermann – und davon gibt es je nach Sitzreihe viele – am Handy rummacht (es leuchtet!), man sich selbst fragt, ob man nicht mal schnell checkt, ob man eine Nachricht bekommen hat etc. etc.
Also: Es ist schon albern, dass die Geräte so eingeschlossen werden müssen. Eigentlich ein Kindergartenverhalten. Aber wie sonst soll man Süchtige behandeln?
ps. Toll, dass diese Webseite ohne Tracker auskommt! 🙂
Ich finde es super, die Handys einzuschließen. Anders scheint es leider nicht mehr zu klappen. Das würde ich mir häufiger wünschen.
Denn ja: Vor allem das Leuchten stört mich auch extrem und ich kann mich dann auch nicht mehr auf das eigentliche Ereignis konzentrieren und fühle mich sehr gestört.