Wie schreibt man eine Buchbesprechung? Ganz ehrlich: Das wusste ich lange Zeit auch nicht so richtig. Ich bin zwar ausgebildete Journalistin, aber in der Journalistenschule haben wir dieses Thema nie behandelt, da viel zu wenige Zeitungen heutzutage überhaupt noch ausführlich über Bücher berichten, was ich persönlich sehr schade finde. Und auch in der Schule und während meines Literaturstudiums kam ich mit diesem Thema so gut wie nie in Kontakt. Wenn du – aus welchem Grund auch immer – nun vor der Aufgabe stehst, eine Rezension schreiben zu müssen, dann habe ich gute Nachrichten für dich: Ich erkläre dir, worauf du achten solltest und welche Fehler es zu vermeiden gilt. Da ich nämlich seit mehr als fünf Jahren auf meiner Website Bücher bespreche, kenne ich mich längst mit dem Thema aus.
Das Internet ist Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite sind wir von Wissen oft nur eine kurze Suchanfrage entfernt. Auf der anderen Seite bescherte uns das Netz neue Formen der Kriminalität und des Mobbings. Von Fake News fange ich erst gar nicht an.
Ich als Journalistin und Bloggerin freue mich natürlich, dass es so leicht ist, eine eigene Website zu erstellen, auf der ich über meine liebsten Themen schreiben kann. Aber immer wieder begegne ich auch Dingen, die mir nicht gefallen. Ich finde es zum Beispiel schwierig, dass wirklich jeder über bestimmte Themen Beurteilungen veröffentlichen kann, obwohl er vielleicht gar nicht das nötige Know How hat.
Ein typisches Beispiel sind Rezensionen. Früher schrieben nur ausbildete Journalisten oder Literaturwissenschaftler Buchbesprechungen oder trafen sich in Sendungen, um Literatur zu besprechen (Stichwort „Literarisches Quartett“). Da gingen die Meinungen über bestimmte Dinge zwar auch auseinander, aber es wurde immer schlüssig begründet, warum man etwas auf eine bestimmte Art einschätzt. Heute können die seltsamsten Gründe zu einer kompletten Abwertung eines Buchs oder anderen Produkts führen. Wenn denn überhaupt eine Begründung gegeben wird …
Eine Rezension schreiben: Jeder kann urteilen
Längst kann jeder auf Plattformen wie buecher.de oder Amazon als eine Art Hobby-Ranicki agieren. Oder man kann selber eine Website starten und dort Produkte bewerten. Bevor ich mir ein bestimmtes Buch anschaffen möchte, schaue ich mir mittlerweile eigentlich immer die Rezensionen im Netz an: Und da lese ich in den allermeisten Fällen haarsträubende Dinge. Oft sind sie unsachlich und unprofessionell.
Da ich immer am besten lerne, wenn ich sehe, wie etwas nicht geht, gebe ich gerne ein Beispiel: Erst gestern schaute ich nach, wie andere Leser das Buch „Tutto Bene*“ einordnen, das ich auch schon besprochen habe, und fand direkt eine Rezension, die mich sehr wütend machte. Von fünf möglichen Sternen wurden drei vergeben, was die Dame, die das Buch beurteilte, ja auch machen kann. Aber die Begründung ist wirklich unglaublich. Obwohl, Begründung möchte ich es nicht nennen …
Eine Rezension schreiben: So geht es nicht
So schreibt die Verfasserin zum Beispiel: „Ich gebe 3 von 5 Sternen, weil ich mit der Stimmung des Protagonisten und dem Schreibstil nicht klargekommen bin.“
Die Autoren (hinter dem Pseudonym Andrea Di Stefano stehen zwei Personen) schreiben den Krimi aus der Ich-Perspektive. Dies sorgt dafür, dass man sehr schnell ein sehr enges Verhältnis zur Hauptfigur entwickelt, weil man viele Gedanken und Gefühle mitgeteilt bekommt. 90 Prozent aller Krimis werden in der dritten Person geschrieben, nur sehr wenige aus der Sicht der Hauptperson, das aber oft sehr erfolgreich. Rita Falk schreibt ihre Bestseller-Krimis zum Beispiel ebenfalls aus der Sicht des Kommissars Eberhofer. Ein Profi hätte hier genau diesen Fakt erklärt. Dass der Verfasserin der Schreibstil nicht gefällt, ist eine Sache, aber sie bleibt eine Erklärung schuldig, warum das so ist.
Weiterhin beschreibt die Verfasserin die Hauptfigur in „Tutto Bene“ als depressiv. Kommissar Lukas Albano Geier denkt viel nach und ist manchmal melancholisch, aber depressiv? Ich habe das Gefühl, dass sie keine Ahnung hat, wie sich depressive Menschen fühlen, aber wenn nachdenklich gleich depressiv ist, dann weiß ich auch nicht.
Der beste Satz ist aber der: „Meiner Meinung nach hat ein ‚Depressiver‘ nichts in Kriminalromanen verloren.“ Ganz ehrlich: Bei dem Satz bin ich fast an die Decke gegangen. Mal ganz davon abgesehen, dass es völlig aus der Luft gegriffen ist, dass der Kommissar depressiv sein soll, hat jeder, wirklich jeder, eine Daseinsberechtigung. Erst recht in Literatur. Das ist mit Abstand der dümmste Satz, den ich seit langer Zeit irgendwo gelesen habe und ich lese täglich die Nachrichten, in denen so Leute wie Donald Trump zitiert werden.
Man stelle sich die Empörung vor, wenn sie geschrieben hätte „Schwangere haben im Kriminalroman nichts zu suchen“ oder „Krebskranke haben in Kriminalromanen nichts zu suchen.“ Unfassbar. Und so jemand urteilt nun, ob ein Buch gelungen ist oder nicht? Und andere potenzielle Käufer sollen diese Urteil als Maßstab nehmen?
Ich weiß ja, dass sie Quatsch schreibt, weil ich das Buch gelesen habe. Aber das weiß der potenzielle Käufer nicht. Und so schadet die Dame mit den unqualifizierten Äußerungen dem Autoren und auch dem Verlag, da aufgrund ihrer Einschätzung vielleicht gleich mehrere Menschen von einem Kauf Abstand nehmen.
Das war jetzt ein einzelnes Beispiel: Aber Bewertungsplattformen sind voll von solchen Beurteilungen. Es werden Eindrücke geschildert, ohne zu erklären, woher dieser Eindruck kommt. Doch das ist falsch und hat den Namen Rezension nicht verdient.
Eine Rezension schreiben: Was in eine Buchbesprechung gehört
Selbstverständlich sollte in einer Rezension immer zu Beginn das Buch genannt werden, über das du schreibst und natürlich der zugehörige Autor. Manchmal gebe ich noch Zusatzinformationen, zum Beispiel, wenn der Autor schon andere Bücher in der gleichen Reihe veröffentlichte oder einen Bestseller gelandet hat. Auch Hintergrundinfos zu eventuell verwendeten Pseudonymen gebe ich zu Beginn. Ich persönlich beende meine Rezensionen immer mit einem Absatz, in dem ich nochmal die wichtigsten Eckdaten nenne, also Buchtitel, Autor, Verlag und Preis. Hast du so einen Absatz nicht, solltest du Verlag und Preis auch noch am Anfang deiner Rezension unterbringen.
Anschließend solltest du natürlich einen kurzen Überblick über den Inhalt geben. Aber Vorsicht: Verrate in keinem Fall vorab, was alles passiert. In der Inhaltsangabe gibst du lediglich knappe Infos zur Hauptfigur, zum Handlungsort und zum groben Thema des Buchs. Das war es. Mehr braucht die Inhaltsangabe nicht.
Anschließend bewertest du das Buch. In eine Bewertung gehören Urteile über den Schreibstil, die Figuren und die Handlung. Fragen, die du in der Rezension beantworten kannst, sind:
- Haben dir die Figuren gefallen?
- Ist die Handlung glaubwürdig/spannend/vorhersehbar?
- Wie ist der Schreibstil (flüssig, leicht verständlich, hochgestochen)?
- Gibt es Ungereimtheiten im Buch oder ist alles logisch?
- Sind Fragen offen geblieben?
- Für welche Leser ist das Buch interessant?
Wenn du magst, kannst du auch über das Cover und das Preis-Leistungs-Verhältnis schreiben. Ich mache das fast nie, zumal viele Autoren keinen Einfluss auf das Cover haben. Und es heißt ja nicht umsonst „Don’t judge a book by its cover!“. Nur wenn mir was wirklich Außergewöhnliches auffällt, dann erwähne ich Cover oder Preis ausführlich. Ich habe zum Beispiel vor einiger Zeit ein Buch rezensiert, das 140 Seiten hatte. Auf 50 Seiten im Buch waren einseitige Bilder oder große Zitate abgedruckt. Dafür wurden stolze 14 Euro vom Leser verlangt. Da habe ich das Thema explizit aufgegriffen, weil es viel zu wenig Inhalt für zu viel Geld gab.
Eine Rezension schreiben: Diese Fehler solltest du vermeiden
Ich lese immer wieder Rezensionen, in denen bei der Inhaltsangabe Klappentexte abgeschrieben wurden oder Pressemitteilungen, die Verlage gerne einem Rezensionsexemplar beilegen. Wenn du eine gute Rezension schreiben möchtest, solltest du das in keinem Fall tun, denn so könnte man leicht auf die Idee kommen, dass du das Buch gar nicht gelesen hast. Beschreibe immer mit deinen eigenen Worten kurz den Inhalt. Aber wie oben schon geschrieben, verrate bloß nicht zu viel. Hinweise auf den Mörder in einem Krimi sind absolut tabu und auch überraschende Wendungen solltest du nicht vorab verraten.
Wichtig ist auch, dass du umfassend bewertest. Du solltest auch keine Rezensionen schreiben, in denen du nur auf einen der oben genannten Aspekte eingehst und zum Beispiel nur die Figuren bewertest, aber nicht die Handlung oder umgekehrt.
Alles, was du bewertest, solltest du auch begründen können, und zwar schlüssig. Die Dame aus dem Beispiel oben schreibt zwar, dass sie mit dem Schreibstil nicht klargekommen ist, aber sie nennt kein Beispiel. Mit einem Textbeleg könnte der Leser sich selber einen Eindruck vom Schreibstil oder bestimmten Stellen im Buch machen und den Kritikpunkt vielleicht nachvollziehen. So aber bleibt die Kritik eine bloße Behauptung.
Ich habe kürzlich ein Buch rezensiert, das mir wirklich überhaupt nicht gefallen hat. Die Hauptfigur war unsympathisch, handelte oft völlig unlogisch und in dem Krimi wollte auch so gar keine Spannung aufkommen. Auch der Schreibstil war für einen Krimi unangebracht und erinnerte eher an einen Reiseführer. Meine Kritikpunkte habe ich in meiner ausführlichen Rezension auch begründet und meine Besprechung liegt dem Verlag vor. Autoren sind in der Regel dankbar für jede Rückmeldung, sofern sie auch nachvollziehbar ist. Und auch die Leser wissen, wenn ich es begründe, warum ich zu meinem Schluss komme und ob diese Punkte sie bei einem Buch ebenfalls stören oder nicht.
Eine Rezension schreiben: Übung macht den Meister
Es gehört einiges an Übung dazu, um eine gute Rezension zu schreiben. Auch ich habe einige Zeit gebraucht, bis ich den Dreh raus hatte. Wenn ich mir heute die ersten Buchbesprechungen auf meiner Website durchlese, dann ärgere ich mich manchmal echt über so manchen Anfängerfehler. Und ich entdecke oft Stellen, die ich heute in jedem Fall anders machen würde. Aber ich ändere diese älteren Rezensionen absichtlich nicht. Denn an ihnen kann ich wunderbar meinen Lernerfolg sehen.
Wenn du nun zum ersten Mal eine Rezension schreibst, denke daran, dass du nicht zu streng mit dir selber bist. Es ist ganz normal, wenn es zu Beginn noch nicht so gut klappt. Eine Sache solltest du aber unbedingt immer im Hinterkopf haben: Wenn du bestimmte Dinge in einem Werk kritisierst, dann bleibe unbedingt fair und begründe deine Kritik. Wenn du deinen Kritikpunkt nicht begründen kannst, dann lasse ihn besser weg.
Jetzt bist du dran: Schreibst du manchmal Rezensionen? Wie sind deine Erfahrungen? Gehen dir Buchbesprechungen leicht von der Hand? Oder hast du spezielle Fragen zu dem Thema? Ich freue mich über deinen Kommentar.
Weiterlesen: Wenn du neuen Lesestoff brauchst, interessieren dich sicher die tollen Reisebücher von Reisebloggern, die ich vorstelle. Auch lesenswert: Rezension Terra Maxima – Atlas der Superlative.
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Eine gelungene Darstellung. Gerne würde ich öfter solche Artikel lesen!
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