Ich liebe bayerisches Essen. Aber ich hasse Großveranstaltungen – erst recht welche mit vielen Betrunkenen. Drum löst der Begriff „Oktoberfest“ bei mir auch alles andere als Freudensprünge aus. „Festa della birra“ klingt da schon eher nach Musik in meinen Ohren – auch wenn es dasselbe ist. Aber die Möglichkeit ein italienisches Oktoberfest zu erleben, weckte dann doch meine Neugier. Ich besuchte ein Oktoberfest am Lago Maggiore.
Das Schöne am Lago Maggiore ist, dass du dich eigentlich nie über Veranstaltungen informieren musst. Du erfährst von ihnen, wenn du nur einen kleinen Spaziergang durch die Orte machst. Denn jede Veranstaltung – und sei sie auch noch so klein – wird hier mit Plakaten beworben. Internet? Brauchst du nicht.
Als ich in Stresa das Plakat mit der Aufschrift „Festa della birra“ entdeckte, auf dem auch noch bayerisches Essen versprochen wurde, war klar, dass ich dieses Fest aufsuchen würde. Auch, wenn es in Baveno sein sollte. Denn eigentlich war ich bisher nie ein großer Fan von Baveno. Drum erwartete ich bei meinem Besuch auch nicht viel. Doch diesmal überraschte mich Baveno ausnahmsweise einmal positiv. Ich erlebte den Ort von einer neuen Seite.
Oktoberfest am Lago Maggiore: Anfahrt und parken
Kurz habe ich darüber nachgedacht, das Bierfest ohne Auto aufzusuchen. Denn vielleicht möchte man ja doch mal ein frisch Gezapftes trinken. Doch dieses Vorhaben verwarf ich schnell. Denn das Oktoberfest fand an einem Sonntag Ende September statt, an dem die Busse nur ganze zweimal zwischen Stresa und Baveno verkehrten. Die Alternative Schiff schloss ich ebenso schnell aus: Für die kurze Fahrt wäre ich um die 8 Euro losgeworden, was es mir dann auch nicht wert war. Also schwang ich mich in mein Auto und fuhr die zehn Minuten von Stresa rüber nach Baveno.
Da ich auf Parkgebühren keine Lust hatte, ließ ich den großen Parkplatz am Schiffsanleger links (beziehungsweise in diesem Fall rechts) liegen und nahm am darauffolgenden Kreisverkehr die zweite Ausfahrt (direkt am Supermarkt). Dort verspricht ein Schild weitere 150 Parkplätze. Die Parkplätze sind auch da – sogar ein großer Busparkplatz – aber diese kosten mittlerweile 1,50 Euro die Stunde (laut Internet sollen es kostenlose Parkplätze sein). Auch wenn kein einziger italienischer Wagen, den ich mir später angeschaut habe, ein Parkticket gezogen hatte, wollte ich das Risiko nicht eingehen und fuhr eine Querstraße weiter. Und siehe da: alle Parkplätze kostenlos. Nun musste ich nur noch den Park rund um die Villa Fedora finden, denn dort sollte das Fest stattfinden.
Oktoberfest am Lago Maggiore: Parco Villa Fedora in Baveno
Die Suche war nicht schwer. Denn der Park liegt direkt an der Uferstraße ganz in der Nähe des Flusses Selva Spessa und nur wenige Gehminuten vom Ortskern von Baveno entfernt (am Schiffsanleger musst du einfach nur die Uferstraße Richtung Feriolo weiterlaufen, nicht Richtung Stresa). Die Villa Fedora hat eine interessante Geschichte, die du hier nachlesen kannst. Heute ist sie der Sitz der Industrie- und Handelskammer der Region Verbano-Cusio-Ossola (VCO). Leider war der Tag des Oktoberfests sehr trübe und herbstlich. So konnten die vielen großen Eichen und die Kamelienbäume nicht ihre volle Wirkung entfalten. Dennoch stelle ich mir diesen öffentlichen nach englischem Vorbild angelegten Park als schönen Ausflugsort im Frühling und Sommer vor, wenn alles blüht. Insbesondere, weil es einen direkten Strandzugang gibt und viele Grünflächen, auf denen Kinder zum Beispiel Fußball spielen könnten. Das Oktoberfest musste ich übrigens ebenfalls nicht lange suchen. Doch ich war anfangs etwas irritiert. Denn die Musik, die ich schon von weitem hörte, hatte so gar nichts mit dem zu tun, was in Deutschland unter typischer Oktoberfestmusik verstanden wird.
Oktoberfest am Lago Maggiore: Gewöhnungsbedürftige Musik
„Humbta-humbta“-Musik, die in München traditionell gespielt wird, gab es am Lago Maggiore nicht. Und ich habe jetzt einen Tag darüber nachgedacht, wie ich das finde und bin zu dem Entschluss gekommen, dass es mir gefiel. Stattdessen hatten die Verantwortlichen eine aus elf Mitgliedern bestehende Live-Band engagiert, die munter Songs von Queen, Chuck Barry, Elvis Presley und Lynyrd Skynyrd performte und viele Besucher sogar damit zum tanzen brachte. Auch sonst hatten sich die Verantwortlichen Mühe gegeben, typische Bierbänke organisiert, die wunderbar mit Strandblick platziert wurden, blau-weiße Deko besorgt und sogar eine aufblasbare Brezel und typische Seppelhüte (die später verlost wurden und als Fotoaccessoires unter den Besuchern herumgereicht wurden). Die Mitarbeiter in der Gastronomie und am Wertmarkenstand haben versucht, sich bayerische Trachten nachzubauen mit dem, was ihr Kleiderschrank so hergab und zwei, drei Italiener sind sogar mit Lederhose zum Fest erschienen. Touristen? Ich habe keine gesehen. Und gerade das hat mir gefallen.
Oktoberfest am Lago Maggiore: Bayerisches Essen oder was Italiener dafür halten
Nun war ich ja hauptsächlich wegen des versprochenen bayerischen Essens da und suchte lange nach der Speisekarte. Pizza stand übrigens ganz oben drauf. Das konnte ja nun wirklich nicht mit typischem Essen gemeint sein, wurde aber von den meisten Gästen bestellt. Als bayerische Spezialität wurden zusätzlich angeboten: Crêpes mit Ricotta-Creme, Reissalat, mit Käse überbackene Kartoffeln, Pommes, Brezeln, Apfelstrudel, Bockwurst, Haxe und Sauerkraut. Insbesondere ans Sauerkraut traute sich keiner der Besucher wirklich ran, auch Haxen habe ich keine gesehen. Dagegen waren Brezeln und Apfelstrudel der Renner.
Insgeheim hatte ich zwar schon auf Weißwürstchen oder Semmelknödel gehofft, aber nun gut, mit der vorgegebenen Auswahl konnte ich dennoch leben. Deshalb besorgte ich mir Wertmarken. Um zu verhindern, dass die Mitarbeiterinnen am Stand direkt auf mich einplappern, nannte ich, was ich essen wollte und erzählte auf Italienisch, dass ich aus Deutschland sei und leider noch nicht so viel Italienisch kann, jedenfalls weniger als mir lieb ist. Was soll ich sagen? Nun plapperten die beiden Damen erst recht in einer Tour. Ich verstand immerhin, dass sie sich freuten, dass jemand ausgerechnet aus Deutschland zu ihrem Oktoberfest kam. Sie waren sich sicher, dass ich auf jeden Fall Bier trinken werde. „Alle Deutschen trinken viel Bier“, meinte die ältere der beiden Frauen und lachte laut. Das Lachen blieb ihr im Halse stecken, als ich entgegnete, dass ich mit dem Auto da sei und deshalb nichts trinken werde. Ich glaube, ich habe in dem Moment ein Stück weit ihr Weltbild zerstört. Ganz nebenbei gab es nur eine Auswahl aus zwei Biersorten: eine italienische (Italiener können nur Wein, aber kein Bier, sorry) und eine aus dem Frankenland, die auch nicht auf meiner Favoritenliste steht.
Oktoberfest am Lago Maggiore: Sauerkraut-Vergnügen
Zurück zum Essen: Mit den Wertmarken ging ich zur Essensausgabe, bestellte Sauerkraut und Würstchen und wurde daraufhin spezieller unter die Lupe genommen. „Sauerkraut?“, fragte eine Frau nochmal nach. „Ja, ich komme aus Deutschland, ich esse das gerne.“ Wieder wurde ich noch freundlicher behandelt, nachdem rauskam, dass ich aus Deutschland komme. „Eine Deutsche!“, brüllte die Mitarbeiterin, die mich bediente, ihren Kollegen entgegen und alle schauten mich an. Sofort wurde ein Mitarbeiter herangerufen, der Deutsch konnte und mir mein Essen in die Hand drückte. „Die Würstchen sind vielleicht etwas trocken, aber das Sauerkraut ist wirklich sehr gut“, versprach er. Was soll ich sagen? Er hatte recht. Alleine für das Sauerkraut hat sich die Fahrt nach Baveno gelohnt.
Was ist mit dir? Magst du das Oktoberfest? Oder bayerisches Essen? Oder beides? Hast du auch mal ein Oktoberfest in einem anderen Land besucht?
Weiterlesen: Jeden Montag findet in Baveno übrigens ein Markt statt. Wenn du auf der Suche nach weiteren Unternehmungen fernab des Massentourismus am Lago Maggiore bist, dann solltest du diesen Blogpost lesen.
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Danke für diese anschauliche und unterhaltsame Beschreibung eines Oktoberfestes am Lago Maggiore. Es finde es faszinierend, wie vielfältig dieses „Exportgut“ auf der ganzen Welt interpretiert und den landestypischen Gegebenheiten angepasst wird. Tatsächlich habe ich darüber erst kürzlich eine Geschichte auf meinem Blog veröffentlicht. Zufälligerweise spielt sie auch in Italien, allerdings in Venedig. Da gibt es statt Blasmusik eine Glasmusik. Von daher musste ich hier und heute einfach kommentieren. Herzliche Grüße
Hallo BeraTina,
vielen Dank für deinen Kommentar. Deinen Text mit der Glasmusik schaue ich mir gleich mal an. 🙂
Liebe Grüße
Christine