Manchmal weiß man gar nicht, was für ein großes Glück man doch hat. Als ich meinem Bruder vor zwei Jahren von meinem Ausflug nach Marienburg beziehungsweise Malbork bei Danzig erzählte, lauschte er meinen Schilderungen völlig ungläubig. Während ich an einem bitterkalten Tag im März die gleichnamige Burg fast für mich alleine hatte, sah das bei seinem eigenen Besuch des größten Backsteinbaus Europas im Herbst zuvor nämlich komplett anders aus.
Als mein Bruder sich die Burg anschaute, fluteten schon bei seiner Ankunft an dem Areal Menschenmassen den Vorplatz der historischen Anlage. Anschließend schoben sich die vielen Menschen durch die engen Burgmauern, um die vielen Sehenswürdigkeiten anzusehen. Denn die Marienburg ist eins der absoluten Highlights rund um Danzig, das du in keinem Fall verpassen darfst. Das wussten auch die vielen Menschen, auf die mein Bruder bei seinem Besuch im Herbst traf. Die Burg fast für mich alleine zu haben, war also schon fast so unwahrscheinlich wie ein Sechser im Lotto. Und ich bin froh, dass es so gekommen ist und ich erst im Nachhinein erfuhr, dass die Marienburg in bestimmten Zeiten im Jahr so gut besucht ist. Denn ich leide unter extremer Platzangst und hätte Malbork während meiner Danzig-Reise wahrscheinlich gar nicht erst angesteuert, wenn mir mein Bruder früher von seinen Erfahrungen berichtet hätte.
Ich habe es zu Beginn des Textes schon erwähnt: Mein Ausflug nach Malbork ist nun schon mehr als zwei Jahre her. Sicher interessiert dich, warum ich erst jetzt auf meinem Blog über die polnische Burg schreibe. Die Antwort ist einfach: Auch heute noch ist es unfassbar schwer für mich, meinen Besuch in der Marienburg überhaupt in Worte zu fassen. Und das heißt schon etwas. Denn Dinge in Worte zu fassen und genau zu beschreiben, das ist seit vielen Jahren mein Job …
Marienburg bei Danzig: Einige Worte vorab
Doch wo fange ich nur an? Und wo höre ich auf? Was muss ich alles erwähnen? Schon so lange möchte ich diesen Text über diese Burg der Superlative veröffentlichen, doch bereits die Auswahl aus meinen vielen Bildern mit den noch zahlreicheren Eindrücken überforderte mich ein ums andere Mal und ich verschob mein Vorhaben immer und immer wieder.
Dabei ist Überforderung bei diesem Thema eigentlich auch ein gutes Stichwort und vielleicht auch ein guter Ansatz, um dir die Marienburg in Polen ein Stück weit greifbar zu machen. Denn niemals zuvor hatte ich aufgrund von zu vielen Informationen und totaler Reizüberflutung die Besichtigung einer Sehenswürdigkeit abgebrochen. In Malbork passierte mir genau das allerdings. Ich hatte einfach keine Lust mehr. Nein, anders: Mir fehlte einfach die Kraft, um NOCH mehr Informationen aufzunehmen und noch mehr dieser historischen Schmuckstücke anzuschauen.
Die Marienburg ist einfach so groß und voller interessanter Geschichten. Und irgendwann war mein persönlicher Speicher in meinem Kopf einfach voll. Rien ne va plus. Es ging nichts mehr. Das ging übrigens nicht nur mir so. Auch meine Reisebegleitungen quälten sich schon eine Zeit durch die Ausstellung, bevor einer dann das aussprach, was alle dachten. Es reichte uns. Nach mehreren Stunden hatten wir genug gesehen und entschieden uns, in Malbork etwas essen zu gehen. Auch das gehört für mich übrigens zum Reisen. Dass man achtsam ist, auf sich selber hört und auch mal die Reißleine zieht, wenn man merkt, dass es einem zu viel wird. Aber das nur am Rande. Jetzt haben wir wenigstens einen guten Grund, um noch einmal wiederzukommen, Das ist doch auch was, oder?
Auch heute noch scheint die Burg für mich kaum greifbar, obwohl ich mich auch nach meiner Rückkehr nach Deutschland ausgiebig mit ihr beschäftigt habe. Es scheint zu viele Facetten zu geben und viel zu viele Sehenswürdigkeiten innerhalb der Burg.
Übrigens: Ein weiteres Mal ist es mir seit meinem Besuch in der Marienburg passiert, dass ich von einer Sehenswürdigkeit und ihren vielen Facetten überfordert war, und zwar im Heidekastell Iserhatsche im niedersächsischen Bispingen.
Marienburg bei Danzig: Ein paar Fakten zum Areal
Am besten wird es wohl sein, wenn ich zunächst versuche, dir das Areal durch ein paar Fakten näherzubringen. Dass es sich bei der Marienburg um den größten Backsteinbau Europas handelt, hatte ich ja schon erwähnt. Sie wurde zwischen 1270 und 1300 errichtet und ist benannt nach der Schutzpatronin des „Ordens der Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem“. Dieser wird übrigens auch kurz „Deutscher Orden“ genannt. Das hast du sicher schon einmal gehört, oder?
Zwischen den Jahren 1309 und 1454 war die Marienburg Sitz der Hochmeister des Ordens im Deutschordenstaat. Anschließend – zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert – gehörte sie die meiste Zeit zu Polnisch-Preußen und fungierte sogar als Residenzort polnischer Könige. Das kann ich mir gut vorstellen. Denn welcher König hat nicht gerne so viel Platz? Das komplette Areal umfasst immerhin eine Fläche von 21 Hektar, von der 14,3 Hektar als Nutzfläche angegeben sind.
Interessant zu wissen: Zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert war die Marienburg zwischenzeitlich unter schwedischer Herrschaft. 1772, nach der Teilung Polens, gehörte die Burg dem Königreich Preußen. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gehört sie zu Polen.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Marienburg zu 60 Prozent zerstört. Besonders vom östlichen Teil des Areals ist leider nicht mehr viel übrig geblieben. Die Schadensstellen sind auch heute noch sichtbar, wenn du genau hinschaust. Denn beim Wiederaufbau, der insbesondere in den 1960er und 1970er Jahren mithilfe alter Aufzeichnungen realisiert werden konnte, wurden hellere Steine verarbeitet. Du kannst also heute genau sehen, was an der Burg alt ist und was mal zerstört war und neu aufgebaut werden musste.
Die Restaurierungsarbeiten an der Burg waren übrigens nicht in den 1970er Jahren plötzlich abgeschlossen. Der Wiederaufbau der Marienburg dauerte viel länger. Zwischen 2011 ist zum Beispiel das Neue Tor der Burg wiedererrichtet worden. Es war früher der Hauptzugang zum Areal. Die Rekonstruktion des Marien-Standbildes in der sehenswerten Schlosskirche wurde im Jahr 2016 abgeschlossen.
Es verwundert dich sicher nicht, dass die gigantische Burg seit 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.
Marienburg bei Danzig: Was du alles sehen kannst
Vor meinem Besuch in der Marienburg hatte ich ja überhaupt keine Ahnung, was für Schätze es alles in der Burg selber zu sehen gibt. Ich hatte eigentlich „nur“ eine historische Burganlage erwartet, die an sich schon sehr sehenswert ist. In meiner Heimat, dem Ruhrgebiet, gibt es eine ganze Menge alter Burganlagen. Die meisten davon sind allerdings Ruinen. Eine Ruine erwartete ich jetzt nicht unbedingt in Malbork, war mir aber sicher, dass man recht schnell alles Wichtige gesehen haben würde. Was hatte ich mich doch getäuscht.
Die Burganlage selbst besteht aus dem Hochschloss inklusive Kapelle, dem Mittelschloss, dem Vorschloss, dem Hochmeisterpalast sowie Nord-, West-, und Südterrasse. Alleine dies alles abzulaufen, nimmt schon einige Zeit in Anspruch. Und das ist nur das Areal, was man von außen sehen kann.
Zusätzlich sind innerhalb der Burgmauern auch noch unzählige Ausstellungen und Sammlungen zu entdecken. Da eine Auflistung aller Exhibitionen den Rahmen des Texts sprengen würde, nenne ich nur einige. Ausgestellt werden Mosaikfenster, Gemächer der Würdenträger, gotische Skulpturen sowie allerhand mittelalterliche Einrichtungsgegenstände und Bilder. Außerdem gibt es eine umfangreiche Bernsteinsammlung, eine Keramiksammlung, ein Münzkabinett, eine Textilsammlung, eine archäologische Werkstatt und eine Kachelofensammlung.
Laut offiziellen Angaben soll es viereinhalb Stunden dauern, um alle Ausstellungen mit dem Audioguide abzulaufen. Ich behaupte: Um lediglich viereinhalb Stunden zu brauchen, muss man sich ganz schön beeilen.
Marienburg bei Danzig: Was mich besonders beeindruckte
Grundsätzlich war ich von der gesamten Marienburg unfassbar beeindruckt und würde sie immer wieder besuchen, weil man unmöglich alles während eines Besuchs besichtigen kann.
Wenn ich nur eine Ausstellung nennen dürfte, die mir besonders in Erinnerung geblieben ist, dann wäre dies die umfangreiche Bernsteinausstellung. Du weißt sicher, dass Danzig sich selber als Welthauptstadt des Bernsteins bezeichnet. In der Marienburg ist mir zum ersten Mal so richtig bewusst geworden, was man alles Wunderbares aus den Harzbrocken formen kann.
Aber ich weiß auch noch ganz genau, dass ich ziemlich viel Zeit damit verbracht habe, mir die alten Münzsammlungen anzuschauen. Ich glaube, ich habe noch nie zuvor so altes Geld gesehen. Auch die historischen Toiletten haben sich als Bild in mein Gedächtnis eingebrannt, ebenso wie die Pferderüstungen und das Foto der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Marienburg, das ich hier oben im Beitrag eingebaut habe. Dieses wirkte besonders im Gegensatz zur wiederaufgebauten Burg im Hintergrund des Fotos noch einmal ein ganzes Stück intensiver als ohne diesen Kontrast.
Marienburg bei Danzig: Lage, Öffnungszeiten und Preise
Malbork liegt circa 60 Kilometer südöstlich vom wunderschönen Danzig entfernt. Ein Tagesausflug von der Hansestadt aus ist also leicht machbar. Die Marienburg ist ganzjährig geöffnet. Die genauen Öffnungszeiten (saisonabhängig) und Preise kannst du hier erfahren. Nicht erschrecken: Die Preise werden in Zloty angegeben. Ein Zloty ist derzeit ungefähr 0,20 Euro wert. Ermäßigungen bekommen – unter anderem – Schüler, Studenten und Rentner. Kinder unter sieben Jahren haben freien Eintritt.
Direkt am Eingang erhältst du auch einen deutschen Audioführer, der dir wirklich unfassbar viele Informationen über die Ausstellungen und Sammlungen liefert.
Mein Extra-Tipp: Im burgeigenen Shop gibt es tollen Bernsteinschmuck zu fairen Preisen. Das hat mich wirklich positiv überrascht. Da die Marienburg ein sehr touristischer Ort ist, hatte ich mit deutlich höheren Preisen gerechnet. Obwohl ich schon einigen Bernsteinschmuck aus Danzig habe, konnte ich in Malbork deshalb einfach nicht widerstehen.
Jetzt bist du dran: Warst du mal in Malbork? Hast du auch die Marienburg besucht? War es dort bei deinem Besuch eher voll oder leer? Wie hat dir das Areal insgesamt gefallen? Oder warst du noch nie in Malbork und möchtest unbedingt mal hin? Welche Ausstellung oder Sammlung in der Marienburg interessiert dich besonders?
Weiterlesen: Roadtrip nach Polen: Auf nach Danzig, Posen und Co. Auch lesenswert: 10 Fotos, die Lust auf Danzig machen.
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Übrigens: Wenn du Burgen magst, interessiert dich vielleicht mein Bericht über die Burg in Angera am Lago Maggiore.
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Ehrlich gesagt, habe ich noch nie von dieser Burg gehört. Faszinierend, was es auch abseits der altbekannten Schlösser und Burgen gibt. Und dabei ist der Bau sowie von Marke Superlative. Danke für die Inspiration 🙂
Liebe Grüße
Dorie
Hallo Dorie,
würde mein Vater nicht aus der Ecke stammen, wäre ich wahrscheinlich auch nie auf diese Burg aufmerksam geworden. Ein Besuch lohnt sich sehr. 🙂
Liebe Grüße
Christine
Ja es ist sehr beeindruckend. Auch wenn ich viel Verständnis für das polnische Nationalgefühl und den Stolz der polnischen Menschen auf die Restaurierung habe, manche Erklärung in deutsch wäre hilfreich. Im Office keine deutschsprachigen Mitarbeiter zu haben ist schade. Der deutsche Audioguide ist gut und dafür sage ich danke. So konnten viele Fragen nicht gestellt werden. Das bedauere ich sehr, denn ich habe mir einen lang gehegten Wunsch erfüllt und werde nicht so schnell wieder kommen können.
Hallo Elke,
ja, es ist wirklich sehr schade, dass in Polen viele Angebote nicht (mehr) auf Deutsch sind, obwohl die Länder eine bewegende Geschichte verbindet. Ich fand es besonders schade im Museum der Polnischen Post, wo der Zweite Weltkrieg begann. Gerade, wenn man mit Touristen zu tun hat, sollte man besser mehrsprachige Mitarbeiter einstellen.
Viele Grüße
Christine